Läufer im Gebirg – zu „Hurt“ von Christoph Szalay

HURT von Christoph Szalay, erschienen 2024 bei Ritter, beschreibt eine Bewegung (eine Reihe von Bewegungen) durch einen distinkten Raum, und stellt zugleich den Versuch dar, diese (Art von) Bewegung in der Lektüreerfahrung nachvollzierbar, spürbar zu machen. 

Es geht um Langstreckenlaufen im Gebirge, also um eine Begegnung von Körper und Welt unter Umgehung vornehmlich jener in der Sozialisierung kultivierten Bewusstseinsphänomenen, zu denen auch Sprachliches gehört. Was in dieser Begegnung mit dem Bewusstsein geschieht, kann dann wahlweise äusserlich beschrieben oder, eben, im Kleinen nachgebildet werden. Das kann mitunter weh tun. 

Der Gegenstand des Buchs, wie ihn Szalay fasst, legt uns die Generalmetapher der Urschrift als einer Spur nahe, die der Körper in der Landschaft, bzw. die Landschaft wiederum auf den belasteten Körper einträgt. Alles das bringt uns HURT vor Augen, bleibt aber stets primär ausgerichtet auf die Konfrontaton des sprachlichen Selbst mit der groß-stillen Welt, in der ersteres wahlweise zu verschwinden droht oder, endlich, verschwinden darf.

Szalays Werk, das aus einer Anzahl von Büchern, Lecture-Performances und sprachkünstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum besteht (abgesehen davon, dass er wohl der einzige deutschsprachige Dichter mit FIS-Weltranglistenpunkten ist), bleibt sich in HURT treu: kehrt doch in seinem Werk die Frage, wie das unmittelbar Körperliche sprachlich zu fassen wäre ebenso wie die Schriftmetapher und das dominante Mittel lexikalisch konzipierter Einträge, also von Katalogen, die zu einem Sprachkunstwerk arrangiert werden, regelmäßig wieder. Im vorliegenden Fall katalogisiert HURT poetisch aufgeladene, inhaltlich mitunter gruselige, stets bedeutungsschwanger wirkende Fakten zu alpinen Gletschern – als unbelebter Natur in Bewegung – sowie Biographisch/Anekdotisches über einige zeitgenössische extreme Langstreckenläufer*innen; und diese Kataloge stehen dem Fast-Verstummen des verletzlichen (Sprach-) Körpers etwa so gegenüber wie ganz konkret die Berge in der bergigen Obersteiermark dem Läufer auf seiner Tour.

Stefan Schmitzer